Delphi – mystischer Ort und antikes Orakel
Fast 1.000 Jahre lang war das Orakel von Delphi und der heilige Tempelbezirk die erste Anlaufstelle für ratsuchende Menschen in der antiken Welt. Die Ausgrabungsstätten im Parnass-Gebirge sind seit 1987 UNESCO-Weltkulturerbe und zählen zu den meistbesuchten Attraktionen Griechenlands.
Delphi – sagenumwobenes Heiligtum im Parnass-Gebirge
Das antike Delphi liegt vor der atemberaubenden Naturkulisse des Parnass-Gebirges auf einer Höhe von etwa 700 m über dem Meeresspiegel. Über 2.400 m hoch sind die höchsten Gipfel des Gebirgszuges in der Region Mittelgriechenland. In der griechischen Mythologie spielte das Gebirgsmassiv eine wichtige Rolle, sollten die Berggipfel doch dem Gott Apollon geweiht worden sein. Unterhalb von Delphi erstreckt sich das Tal des Xeropotamos, das in der Übersetzung so viel wie „trockener Fluss“ bedeutet. Die Küste des Golfs von Korinth liegt ca. 15 km Luftlinie vom bedeutendsten Orakel der Antike entfernt.
Delphi war ein sagenumwobenes Heiligtum, das einst den Mittelpunkt der antiken Welt markierte. Folgt man den Lehren der griechischen Mythologie, schickte Göttervater Zeus zwei Adler auf die Reise, die die Welt in entgegengesetzter Richtung durchflogen. In Delphi kreuzten sich die Wege der Greifvögel und der Ort galt fortan als Zentrum der Welt. Von der erhöhten Position der Grabungsstätte reicht der Blick bis zur glitzernden Wasserfläche des Golfs von Korinth.
Bedeutung des Orakels von Delphi
Das Orakel von Delphi galt fast 1.000 Jahre lang als das wichtigste Orakel im antiken Griechenland. Könige, Heerführer, Gelehrte und einfache Bürger kamen an diesen Ort, um Vorhersagen zu erhalten. Den Verlauf großer Schlachten sollte das Orakel ebenso voraussehen wie die Wahrscheinlichkeit, dass das Buhlen um die Gunst einer Angebeteten Erfolg hat. Das Medium, durch das das mystische Orakel seine Weisheiten kundtat, war eine Priesterin, die als Pythia bezeichnet wurde. Nur sie allein durfte den Tempel des Apollon betreten. Dort wurde sie vermutlich durch die Wirkung ethylenhaltiger Gase, die aus einer Erdspalte austraten, in Trance versetzt. Die angeblich empfangenen Botschaften teilte die Priesterin anschließend den wissbegierigen Besuchern mit.
Video: Die Ausgrabungen von Delphi in Griechenland - Vlog #21
Tempel des Apollon
Der Tempel des Apollon spielte die zentrale Rolle im Komplex des Tempelbezirks. Bis zum Jahr 392 n. Chr. wurde das Orakel hinter diesen heiligen Mauern befragt. Das Bauwerk musste im Verlauf der Geschichte mehrfach neu aufgebaut werden, da Erdbeben und Brände immer wieder große Schäden anrichteten. Im Zuge der Grabungsarbeiten wurden sechs der ursprünglich 38 dorischen Säulen wieder aufgerichtet. Im Inneren des Bauwerks saß die Pythia auf einem Hocker über der Erdspalte, aus der die berauschenden Gase entströmten.
Die Schatzhäuser von Delphi
Entlang der Heiligen Straße reihen sich die Ruinen zahlreicher sogenannter Schatzhäuser aneinander. Diese Gebäude wurden als Aufbewahrungsort für die unzähligen wertvollen Weihegeschenke errichtet, die Pilger dem delphischen Apollon brachten. Das älteste Gebäude dieser Art ist das Schatzhaus von Korinth, das um das Jahr 600 v. Chr. erbaut wurde. Überlieferungen zufolge brachte allein der lydische König Gyges Weihegeschenke aus Gold und Silber mit einem Gesamtgewicht von rund 800 Kilogramm mit. Nahezu vollständig rekonstruiert wurde das Schatzhaus der Athener. Am Giebel und weiteren Freiflächen der Fassade befindet sich kunstvoller Bilderschmuck, den die Besucher des Orakels von der Heiligen Straße aus bewundern konnten.
Halle der Athener und Athenatempel
Die Bedeutung des antiken Stadtstaates Athen wird nicht nur am prunkvollen Schatzhaus sichtbar. Im Jahr 478 v. Chr. errichteten die Athener eine Säulenhalle am Ende der Heiligen Straße. Da sich eine Inschrift erhalten hat, konnte der Zweck des Gebäudes zweifelsfrei identifiziert werden. Demnach sollten in der von Säulen getragenen Halle die von den Persern erbeuteten Waffen für alle Besucher sichtbar aufbewahrt werden. Der erste Athenatempel in Delphi wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Dreimal wurde der Bau erneuert. Die letzte Version verfügte über eine Front mit sechs Säulen hinter der die Vorhalle lag. Sowohl vom Athenatempel als auch von der Halle der Athener sind nur noch die Grundmauern und einzelne Säulenstümpfe erhalten.
Antikes Theater und Stadion
Über dem Heiligtum des Apollon und damit dem gesamten Tempelbezirk thront das antike Theater. Einst fanden bis zu 5.000 Menschen in dem Halbrund Platz, das im 3. oder 4. Jahrhundert v. Chr. erbaut wurde. In der Arena fanden musische Wettkämpfe anlässlich der Pythischen Spiele statt. Die sportlichen Wettkämpfe ähnelten den Olympischen Spielen der Antike, die im sagenumwobenen Olympia ausgetragen wurden. Neben Gesangswettbewerben stand ein sportliches Kräftemessen im Mittelpunkt, bei dem Reiter, Athleten und Gymnasten gegeneinander antraten. Austragungsort für die sportlichen Wettkämpfe war das antike Stadion, von dem die steinernen Zuschauertribünen und die Wettkampfarena davor erhalten sind.
Das Delfi der Neuzeit
Das Delfi der Neuzeit liegt westlich der Ruinen des antiken Heiligtums. Die etwa 26.000 Einwohner zählende Kleinstadt lebt hauptsächlich vom Tourismus. Sie dient als Ausgangspunkt für eine Besichtigungstour in das antike Delphi. In den Straßen reihen sich zahlreichen Souvenirläden, Restaurants, Modeboutiquen und kleine Hotels aneinander. Dort residieren Reisende, die sich nicht für ein Ferienhaus in Griechenland als Unterkunft entschieden haben. Teilweise führen steile Treppen, die von Wohnhäusern mit Balkonen gesäumt werden in die höher gelegenen Viertel. Delfi ist ein vergleichsweiser junger Ort. Er wurde im Jahr 1892 gegründet, als die Bewohner eines höher gelegenen Dorfes wegen der Grabungsarbeiten umgesiedelt werden mussten.